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Ein Gespräch mit Verena Wriedt

Die heute in Berlin lebende Journalistin und Fernsehmoderatorin Verena Wriedt ist eine der „ältesten“ Alumni unserer Schule, aus der Frühzeit, in der die Schule noch in Makati angesiedelt war, bevor sie auf den Eurocampus umzog.

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Sie spricht noch heute Tagalog, das man zu ihrer Zeit in allen Klassenstufen lernte.

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Dazu kommen natürlich Deutsch, Englisch, das sie wie ihre Muttersprache beherrscht, und Französisch, also das ganze Sprachenprogramm, das auch heute noch die DESM auszeichnet.

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Verena Wriedt, 1975 geboren, verbrachte insgesamt zehn Jahre auf den Philippinen (1981-1991). Nach dem Besuch der DSM und der Internationalen Schule Düsseldorf, wo sie das IB ablegte, studierte sie Media Studies & Public Relations am College of St. Mark & St. John an der Exeter University in England und danach Broadcast Journalism am Emerson College in Boston, USA.

Neben Ihrer Tätigkeit für Rundfunk und Fernsehen, vor allem in Sportsendungen auf NTV, ist sie außerdem im sozialen Bereich sehr aktiv: Sie ist Botschafterin für Kinderschutzengel e.V, für SOS Kinderdörfer und Schirmherrin des LILOU Charity-Engagements für die DKMS, eine Organisation, die sich für die Bekämpfung von Blutkrebs einsetzt und dabei besonders krebskranke Frauen unterstützt. 

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Wie kam es dazu, dass Sie die Deutsche Schule Manila besucht haben und wie lange waren Sie hier?

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Mein Vater hatte eine Stelle bei der United Coconut Planters Bank (Cocobank). Er wurde 1981 aus Deutschland geholt, um diese Bank in den Philippinen zu leiten. Es lag nahe, meinen Bruder und mich in die Deutsche Schule zu schicken.

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Zurück in Deutschland sind Sie dort weiter zur Schule gegangen. Was waren die größten Unterschiede zwischen dieser neuen Schule in Deutschland und der Deutschen Schule Manila?

Ich war von der ersten bis zur neunten Klasse in der DSM. Die Klassen waren sehr klein und wir hatten engen Kontakt zu unseren Klassenkameraden und den Lehrern. Wir haben uns in der Schule sehr wohl gefühlt, wie in einer Familie. Es herrschte eine Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens, und wann immer man Hilfe brauchte, war jemand da, mit dem man sprechen konnte. Nach der 9. Klasse wechselte ich zur ISM, weil sie, anders als GSM zu dieser Zeit, bereits das IB angeboten hat, ein international anerkanntes Diplom-Programm, das mich perfekt auf das Studium in der ganzen Welt vorbereitete. Aber ich liebte die acht Jahre in der deutschen Schule. Ich erinnere mich noch an viele meiner Lehrer. Frau Bräutigam, Frau Göbele und Herr Bradshaw waren meine Lieblingslehrer. Sie waren großartige Menschen und Lehrer.

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Haben die Jahre bei DSM Ihre Persönlichkeit geprägt? Denken Sie, Sie wären jetzt ein anderer Mensch, wenn Sie nicht neun Jahren an der DSM gewesen wären?

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Die Jahre in der deutschen Schule haben mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Die Kinder waren alle sehr bodenständig, genau wie die Lehrer. Das hat geholfen. Für ein Kind ist das Leben dort nicht so einfach. Wir alle, als Ausländer oder Expats, lebten in einem geschützten Wohnbezirk. Es schien ein sicheres und glückliches Leben zu sein, aber es war nicht die Realität: Auf der anderen Seite der Mauer gab es Slums und Armut. Es war für uns als Kinder schwer zu verstehen. Ich erinnere mich daran, dass wir ein Projekt hatten, wir gingen zum Smokey Mountain in Tondo und gaben den Kindern Reis (mit Geld, das wir gespart und gespendet hatten), unsere alten Spielsachen und Kleider.

Ich lernte zu teilen, was ich hatte, und das Leben zu schätzen, das wir in einem sehr frühen Alter hatten. Ich denke, das war entscheidend für meine Entwicklung. Ich habe auch Tagalog in der Schule gelernt, was mir sehr geholfen hat, mich einzuleben. 

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Welche Erfahrungen sind aus dieser Zeit am schönsten und eindrucksvollsten?

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Ich habe das Leben auf den Philippinen geliebt. Ich liebte die Leute und ich liebe sie immer noch. Ich erinnere mich gerne an die Wochenenden, wenn wir zum Lake Caliraya zum Windsurfen fuhren. Wir haben viele Ausflüge mit unserer Klasse gemacht, die mir mich immer noch unvergesslich sind.

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An welche Konflikte und Herausforderungen erinnern Sie sich?

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Ich denke, dass die Kluft zwischen Armut und Reichtum für ein Kind am schwierigsten zu verstehen ist. Meine Eltern haben uns immer dazu gebracht, unsere Spielsachen oder Kleidung zu spenden, so dass wir immer ein großes Verständnis für die Lage der Menschen hatten. Aber es ist hart für Kinder, diese Art von Armut zu sehen. Wir haben immer versucht zu helfen, bis heute. Und ich wollte immer wieder auf die Philippinen zurückkehren und etwas zurückgeben. Zum Glück habe ich das vor 5 Jahren mit Hilfe der SOS Kinderdoerfer und der REDO Wassersysteme geschafft.

Was bedeuten die Philippinen und die Menschen hier für Sie heute?

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Es wird immer mein zweites Zuhause in meinem Herzen sein. Und ich hoffe, eines Tages mit meiner Familie zurückzukehren.

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Sie engagieren sich sehr für soziale Projekte auf den Philippinen, können Sie diese näher beschreiben?

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Ich unterstütze ein SOS-Kinderdorf in der Nähe von Manila. Wir haben vor 5 Jahren ein Wassersystem von REDO gespendet. Es ist ein fantastisches System, das es dem ganzen Dorf ermöglicht, sauberes Trinkwasser zu haben. Und das ist, wie wir alle wissen, eines der wichtigsten Dinge im Leben: sauberes Wasser. Ich habe immer davon geträumt, nach Manila zurückzukehren und etwas als Dank für die wundervollen 10 Jahre zurückzugeben, die ich dort hatte, wo ich mich immer zu Hause fühlte.

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Wie erklären Sie als Journalist, dass die Philippinen ein weitgehend unbekanntes Land für Europäer sind und dass viele Menschen ein negatives Bild von diesem Land und den hier lebenden Menschen haben?

 

Bei einem Interview zum Trinkwasserprojekt (Foto: V. Wriedt)

Ich finde es so traurig, dass die Europäer bei der Planung eines Urlaubs nicht wirklich an die Philippinen denken. Sie würden lieber nach Thailand gehen. Ich verstehe das nicht, weil die Philippinen fantastisch schöne Inseln haben und ein erstaunliches Land sind, in dem man gut herumreisen kann. Die Menschen hier sind so freundlich und liebenswürdig, sogar im Vergleich zu anderen asiatischen Ländern. Ich denke, viele Deutsche haben die Familie Wallert im Hinterkopf, die hier gekidnappt wurde. Aber das ist wirklich albern, zumal es vor langer Zeit passiert ist ... Bevor man in ein Land reist, ist es immer ratsam sich zu informieren, wo es sicher ist und wo nicht!

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Was könnte getan werden, um die Philippinen bekannter zu machen und das Negativimage zu revidieren?

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Ich denke Werbung in jeder Form ist entscheidend. Ich versuche so viel wie möglich zu helfen. Ich schwärme immer von den Philippinen, weil es von

 

Herzen kommt. Und ich hoffe, diese schlechten Bilder werden bald aus den Köpfen der Menschen verschwinden, denn die Philippinen verdienen das nicht. Es ist ein wunderschönes Land mit den wundervollsten Menschen! Deutsche sollten aufgeschlossener sein und weniger Vorurteile haben.

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Weitere Informationen über Verena Wriedt und ihre Arbeit finden Sie unter: www.verena-wriedt.com

 

Mitwirkung beim Projekt "Sauberes Wasser" auf den Philippinen (Foto: V. Wriedt)

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